Inventar-Nr.;Objekttitel;Systematik;Datierung;Geografischer Bezug;Personen / Körperschaften;Material;Maße;Beschriftung;Beschreibung; I/09128/00;Chronometer Tiede 118;Grundlagen und Hilfsmittel der Schifffahrt/Nautik/Uhren/Chronometer;19. Jahrhundert;Europa/Deutschland;TIEDE Berlin ;Holz/Metalle/Glas;Gewicht: 2,42 kg Maß: 14,20 x 15,80 x 15,60 cm Objektmaß: 4,5 x 14,6 x 14 cm ;;Während ältere Schiffsuhren noch Taschenuhren ähnelten, ist der Holzkasten dieses Exemplars typisch für die seit dem 19. Jahrhundert gefertigten Geräte. Das Chronometer des Berliner Uhrmachers Christian Friedrich Tiede (1794-1877) kann anhand seiner Seriennummer 118 in die Zeit um 1835 bis 1840 datiert werden. Der hölzerne Kastendeckel ist zweigeteilt. Beim täglichen Ablesen öffnete ein Schiffsoffizier den oberen Klappenteil, unter dem ein gläsernes Sichtfenster lag. Ganz geöffnet werden konnte der Kasten hingegen nur mit dem zugehörigen Schlüssel, etwa zum Aufziehen, was – wie die Gang- oder Laufzeitreserve zeigt – mindestens alle 56 Stunden oder 2 bis 3 Tage geschehen musste. Der aus Messing gefertigte Mechanismus im Inneren, die Chronometerbüchse, ist kardanisch aufgehängt: Bewegungen des Schiffes im Seegang wurden so ausgeglichen und das Gerät außerdem vor Erschütterungen geschützt.<br class=»linefeed« />Unter dem Ziffernblatt mit vier Zeigern für die Stunden, Minuten und Sekunden sowie die Laufzeitreserve liegt der eigentliche Mechanismus verborgen. Er besteht aus drei miteinander verbundenen Baugruppen: 1) Beim Aufziehen des Chronometers wurde eine Kette auf eine Kegelschnecke aufgerollt, die zugleich das Hauptfederblatt – die Energiequelle – in ihrem zylindrischen Gehäuse spannte. Die Kegelschnecke sorgte für einen gleichmäßigen Abbau der Federenergie beim Betrieb der Uhr. 2) Das Unruhrad mit Spiralfeder schwang mit festgelegter Frequenz um seine Achse und bestimmte die Ganggeschwindigkeit des Chronometers. Es ist aus zwei unterschiedlichen Metallen gefertigt, um Temperaturschwankungen, wie sie bei Äquatorüberquerungen vorkommen, auszugleichen. 3) Die Chronometerhemmung aus einem flachen Zahnrad und einer Blattfeder ermöglichte schließlich das wechselnde Anhalten und Ablaufen des Zahnräderwerks, das die Antriebsenergie auf Stunden-, Minuten- und Sekundenzeiger übersetzte.<br class=»linefeed« />Für die Navigation auf See waren spezielle Schiffsuhren, auch Chronometer genannt, seit den 1760er Jahren unverzichtbar, sie blieben es bis weit in das 20. Jahrhundert hinein. Das Marinechronometer Tiede Nr. 118 steht beispielhaft für die Bedeutung solcher Instrumente in der Seeschifffahrt und globalen Vernetzung.<br class=»linefeed« />So komplex der Chronometermechanismus ist, so simpel war das Navigationsverfahren zur Bestimmung des Längengrades, welches Kapitäne, andere Seeoffiziere und die Kadetten anwendeten. Voraussetzung war Grundwissen über die Kugelgestalt der Erde und ihre Drehung um die Erdachse. Da sich die Erde in 24 Stunden vollständig und gleichmäßig um ihre Achse dreht – also 15° pro Stunde – kann aus einem Zeitunterschied zwischen zwei Orten auf der Erdoberfläche auch ein Winkelunterschied zwischen diesen Orten abgeleitet werden. Die an Bord mitgeführte Schiffsuhr wurde auf die Zeit des Bezugsortes eingestellt und zeigte diese zuverlässig an, meist die Zeit Greenwichs (0°) bei London oder die Pariser Ortszeit für französische Seefahrer. Die Schiffszeit an Bord ermittelte der Wachoffizier hingegen täglich anhand des Sonnenstandes im Zenit (Mittagszeit). Wesentlich war nun der Zeitunterschied zwischen der Schiffszeit und der heimischen Bezugszeit. Aus einer Zeitdifferenz von beispielsweise +6 Stunden zwischen Greenwichzeit und Schiffszeit ließ sich ein Winkelunterschied von (6 x 15° =) 90° errechnen. Das Schiff stand dann zum Zeitpunkt der Messung auf 90° östlicher Länge – im Indischen Ozean oder dem Südpolarmeer.<br class=»linefeed« />Seeschiffe waren historisch und sind auch heute noch wichtigste Träger der Globalisierung, einer weltweiten Wirtschaftsverflechtung, die sich im 19. Jahrhundert infolge neuer Technologien im Transport-, Kommunikations- und Informationswesen verstärkt hatte. So hatten das Dampfschiff und die Linienschifffahrt schnelleren und zuverlässigeren Waren- oder Personentransport über die Ozeane ermöglicht, die mithin ihren Schrecken teilweise verloren. Instrumentarien des Messens und Orientierens kam bei dieser Entwicklung eine Schlüsselrolle zu, so auch Welt- oder Weltmeereskarten, in denen sich die Zeitgenossen Überblick verschafften und Verkehrsverbindungen über das Meer nachvollzogen, bevor sie eine Seereise antraten.<br class=»linefeed« />;