Dieses Stück einer Ledertapete in Form eines eingeprägten Segelschiffs war eine Wanddekoration im Jugendstil auf dem Dampfer KAISER WILHELM DER GROßE. Der Doppelschrauben-Schnelldampfer des Norddeutschen Lloyd, der für die Linienschifffahrt Passagiere von Bremerhaven nach New York transportierte, war mit vier Schornsteinen eines der schnellsten Passagierschiffe seiner Zeit und sehr gefragt. Der Schiffstyp verband neueste technische Entwicklungen mit Geschwindigkeit und Luxus. Im Ersten Weltkrieg wurde sie zum Hilfskreuzer umgerüstet und 1914 von der eigenen Besatzung versenkt.

Ledertapeten waren im Barock vor allem in Palästen und Häusern von reichen Kaufleuten beliebt, aber wurden auch in späterer Zeit noch vereinzelt genutzt. Auf der KAISER WILHELM DER GROßE war sie Teil des Rauchsalons und damit ein Beispiel für die aufwändige Austattung. Das besondere an diesem Objekt ist, dass es sich um ein eigenständiges Bild mit einem Rahmen handelt, das Teil einer Raumgestaltung war. Um das Segelschiff, das mit geblähten Segeln auf den Betrachter zuzufahren scheint, rankt sich ein Ornament aus Seerosen in der Entwicklung von der Knospe über die Blüte bis zum verwelkten Zustand. Auf dem Foto ist der Rückenteil einer Sitzbank zu sehen, auf dem sich das Seerosenornament fortsetzt. Bemerkenswerterweise kommen Seerosen nur in stehenden Gewässern und nicht in Salzwasser vor, waren mit ihren lang rankenden Stielen im Jugendstil aber ein beliebtes Motiv. Der Hersteller der Ledertapete war der Hamburger Buchbinder und Kunsthandwerker Georg Hulbe, der sich auf Lederarbeiten spezialisiert hatte. In der Zeit um 1900 führte er etliche künstlerisch anspruchsvolle und prestigeträchtige Aufträge aus, so die Lederausstattung des Hamburger Rathauses und den Einband für das Goldene Buch der Hansestadt.