Das Digitale Depot
Ölkanne SEEFALKE
Maß: 9,7 x 43,1 x 8,4 cm
Der Motor wird häufig als Herz eines Schiffes bezeichnet. Ohne ihn kann ein Schiff nicht fahren, es sei denn es hat andere Antriebsmöglichkeiten wie Segel oder Riemen. Ohne den Motor kann an Bord auch kein Strom erzeugt und häufig keine Wärme produziert werden. Das Schiff ist manövrierunfähig, dunkel und kalt. Häufig wird als wichtigstes Mittel, um einen Motor zum Laufen zu bringen, an den Kraftstoff gedacht. Ebenso essentiell ist aber auch eine funktionierende Schmierung aller Teile. Überall dort, wo mechanische Bewegungen vollzogen werden und Bauteile aneinander reiben, ist der Einsatz von Öl oder Fett unumgänglich. Dies können Zylinder, die Propellerwelle oder schlicht ein Türschloss sein. Zur Schmierung des Motors wurde auf dem Schiff SEEFALKE neben Diesel auch 4.000 Liter Schmieröl mitgeführt. Dieses wurde in einem großen Tank im Maschinenraum nahe am Kiel gebunkert. Über ein verzweigtes System und mit Hilfe von Ölpumpen wurde das Schmieröl selbstständig an wichtige Bauteile transportiert. Das genügende Nachfließen des Öls konnte über entsprechende Druckanzeiger kontrolliert werden. Jene Bereiche, die nicht ans automatische Schmiersystem angeschlossen waren, mussten jedoch händisch mit dem für den Betrieb überlebenswichtigen Gut versorgt werden. Dafür wurden Ölkannen verwendet.
Die hier gezeigte Ölkanne befand sich bei Ihrer Wiederentdeckung im Wellentunnel, welcher gleichzeitig auch als Werkstatt diente und Ersatzteile lagert(e). Dieser Bereich ist für Besucher nicht zugänglich, weshalb die Kanne über die Jahrzehnte dort ungestört überdauern konnte. Die Kanne ist 45 cm lang, 8 cm breit und 7 cm hoch. Sie besitzt einen langovalen Henkel, ein in der Aufsicht ovales Ölreservoir und eine sehr lang gezogene und dünne Tülle. Oben auf dem Reservoir befindet sich eine runde, horizontal drehbare Öffnung zum Befüllen der Kanne, eine Art runder Taster für den Daumen und ein wohl aufgelötetes Stück Blech mit einer punzierten Inschrift, welche »Gasöl« lautet. Die gesamte Kanne scheint auf Weißblech gefertigt zu sein. Der Taster hat die Funktion, fein dosierbar kleinere Mengen Öl aus dem Reservoir in die Tülle zu geben, so dass nur die exakt gewünschte Menge abgegeben wird. Die flache Form und die sehr lange Tülle ermöglichten es schwer erreichbare Stellen zu schmieren und boten eine zusätzliche Sicherheit bei der Versorgung sich schnell bewegender Elemente. Die Inschrift »Gasöl« gibt Auskunft über das Füllgut. Gasöl ist ein Erdölprodukt, vergleichbar mit Heizöl oder Diesel. Die eigenständig aufgetragene Beschriftung lässt darauf deuten, dass es noch andere Kannen mit anderen Inhaltsstoffen gab. Welche dies genau waren, kann derzeit nicht gesagt werden. Vermutlich handelte es sich um Produkte mit anderer Viskosität oder chemischer Zusammensetzung. Das Alter der Ölkanne lässt sich derzeit nur grob mit »Mitte des 20. Jahrhunderts« angeben.
Hauptnutzer solcher Ölkannen, waren die technischen Assistenten an Bord, welche auch »Schmiermax(e)« oder im Englischen als »Greasemonkey« bezeichnet wurden. Sie kümmerten sich um die Funktionsfähigkeit der Motoren und sonstigen technischen Einrichtungen. Dies bedeutete insbesondere permanent die Betriebsstoffe zu kontrollieren und ggf. nachzuschmieren. Man muss sich vorstellen, dass diese Kanne mehrere Stunden täglich in der Hand einer Person geführt wurde. Im Verlauf einer Arbeitsschicht verschmolzen Mensch und Objekt somit untrennbar miteinander. Kanne und Assistent waren gemeinsam dem Lärm, Gestank und der Hitze des Maschinenraums ausgesetzt. Wie man sich dieses Zusammenspiel von Kanne und Mensch vorstellen muss, hat ein unbekannter Künstler auf der letzten Seite eines Manöverbuches der SEEFALKE von 1963 mit einer Bleistiftzeichnung verewigt – allerdings mit einem anderen Kannenmodel in der Hand. Während wir aus Unterlagen einige Namen von technischen Assistenten an Bord kennen, handelt es sich bei der Ölkanne wohl um ganz alltägliche Massenware, welche in leichten Designvarianten zu Tausenden hergestellt worden ist. Auch wenn heute nur noch selten Menschen mit einer Ölkanne von Bauteil zu Bauteil wandern, so steht die Kanne auch heute noch als Sinnbild für die Schmierung von Maschinen: Wenn im Auto ein rotes Kännchen auf dem Display erscheint, sollte zügig nachgeölt werden.
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